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Date: 2019-07-21
Das fortwährende Angebot an leckerer und energiereicher Nahrung ist an mir in den letzten 10 Jahren nicht spurlose vorbei gegangen. Insbesondere im Studium und nun während meiner Promotionszeit habe ich veritable Energiespeicher, in Form von Fett, angelegt. Nun da das Buch fertig ist, habe ich den Kopf wieder freier und habe das Thema angegangen.
Im Zuge dessen habe ich mich mit Ernährung auseinander gesetzt und einige Einsichten gewonnen, von denen ich hier ein berichten will. Vielleicht für andere auch nützlich sind. Viele dieser Gedanken habe ich aus dem Buch Fettlogik überwinden von Nadja Herrmann, in dem sie Mythen über das Abnehmen anspricht und die passenden wissenschaftlichen Referenzen dazu zusammen trägt. Ich kann dieses Buch wirklich jedem nur wärmsten empfehlen, selbst wenn man nicht übergewichtig ist.
Fett ist ehemals verderbliche Nahrung
So trivial es klingt, aber Fettgewebe ist der Energiespeicher des Körpers. Mit 7000 kcal pro Kilogramm Fettgewebe ist es in der Größenordnung von Butter. Dieses Gewebe kann vom Körper mit relativ wenig Energieaufwand am Leben gehalten werden, da es im Grunde nur geheizt werden muss. Ganz anders als Muskelgewebe, das bewegt sich ja auch noch und gibt dabei Energie aus.
Evolutionstechnisch macht die Möglichkeit Fettgewebe anzulegen auch viel Sinn, weil man damit Zeiten mit schwankender Nahrungszufuhr gut ausgleichen kann. Wenn es im Herbst viel Obst und Nahrungsmitteln in Fülle gibt, ist es sinvoll sich daran zu überfressen und so die Kalorien als Fett rumzutragen, anstatt den Äpfeln beim verfaulen zuzusehen. Mehr essen als man gerade braucht ist also eine ganz valide Strategie der Nahrungsmittelkonservierung. Und weil verhungern schlimmer ist als ein etwaig späterer Herzinfarkt hat sich das auch in der Evolution durchgesetzt.
Der Körper wirft nichts weg
Viele Diätmythen erzählen einem das dieses oder jenes Nahrungsmittel den Kreislauf ankurbelt und man damit ganz Mühelos schlank wird. Es stellt sich aber die Frage, wie dieses "Kreislauf ankurbeln" funktionieren soll? Bekommt man davon Fieber, oder wohin geht die Energie, die dieser "angekurbelte" Kreislauf verbrauchen soll? Denn solange die Energieerhaltung gilt, gibt es eigentlich nur die eine Möglichkeit den Energiespeicher abzuschmelzen: Weniger zuführen als man verbraucht. Das ist die eine und die einzige Methode Fettgewebe zu verlieren (abgesehen von Operationen).
Ein Gedanke, den eine Freundin bei diesem Thema noch aufgebracht hat ist di der Ketogenen Diät. Dabei bringt man den Körper in eine Kohlenhydratmangelernährung (vgl. Low Carb). Der Mechanismus dahinter funktionier in etwa so: Der Körper hat im Grunde zwei große Stoffwechselwege für Energie, Glucose und Ketonkörper. Bei einer Ketogenen Diät reduziert man seine Kohlenhydrate soweit, dass die Zellen nun hauptsächlich Energie aus Fetten (also auch aus dem Fettgewebe) über den Ketonstoffwechsel verfeuern. Weil es aber eine Mangelernährung ist, hat es auch einige blöde Seiteneffekte, wie erhöhtes Herzinfarktrisiko. Eine Annahme, die hinter dieser gewollten Mangelernährung steht, wenn sie als Diät angepriesen wird, ist, dass dieser Ketonstoffwechsel ineffizienter ist als der Weg über die Glukose. Ein Beispiel für diese Idee in der Realität ist Atkins Diät. Allerdings weiß die Wikipedia dazu folgendes zu sagen:
"In his early books such as Dr Atkins' New Diet Revolution, Atkins made the controversial argument that the low-carbohydrate diet produces a metabolic advantage because "burning fat takes more calories so you expend more calories"; the Atkins diet was claimed to be "a high calorie way to stay thin forever". He cited one study in which he estimated this advantage to be 950 Calories (4.0 MJ) per day. A review study published in Lancet concluded that there was no such metabolic advantage and dieters were simply eating fewer calories."
Wenn wir mal einen Schritt zurück gehen, wäre das ein evolutionäre Nachteil für einen Menschen, wenn der Umweg über den Fettspeicher so massiv ineffizienter wäre als über direktes Verbrennen oder andere Energiespeicher, wie der Glykogenspeicher in der Leber. Es ist daher relativ naheliegend, das der Körper jedes einzelne Kalorien was man zu sich führt mit maximaler Effizienz (irgendwann) verwenden will. Alles was dieser Grundannahme widersprich ist erstmal konterintuitiv und würde ich erst glauben, wenn ich die large-scale Studie dazu gesehen habe. Alternativ auch gerne die Energiebilanz der zu Grunde liegenden chemischen Reduktion.
Kaloriendefizit != Hunger
Ich habe dafür argumentiert, dass ein ordentliches Kaloriendefizit die einzige Strategie ist seinen Energiespeicher zu verringern. Aber was erreichen dann eigentlich erfolgreiche Diäten?
Wenn ein Mensch mit einer Diät erfolgreich ist, hat er es über Diät geschafft seinen Hunger zu managen während er ein Kaloriendefizit gefahren hat. Dabei seh ich so zwei Richtungen mit denen das klappen kann: es darf nicht mehr so sucken sich nicht mehr jeden Tag mit KitKat vollzustopfen, und man kann psychologische Mechanismen ausnutzen um weniger essen zu wollen.
Das erste kann man ganz gut damit erreichen, indem man auf die Energiedichte seiner Nahrung achtet. Umso energiedichter ein Nahrungsmittel ist, umso mehr kann ich davon essen bevor ich mich vollgestopft fühle. Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass ich mich solange mit Gurken und Tomaten überfressen kann bis ich platze und dennoch ein Energiedefizit erreichen kann. Das ist eine Strategie, die bei mir ganz gut funktioniert hat. Esst mehr Tomaten, macht auch attraktiver.
Die zweite Strategie kennt mehrere Varianten: Eine ist Beispielsweise eintöniger zu essen (sucks!). Wenn Menschen immer dasselbe bekommen, haben sie darauf weniger Appetit und essen automatisch weniger. Eine andere ist viele Proteine zu sich zu nehmen, weil der Körper (anscheinend) bei einer hohen Zufuhr an Aminosäuren früher sagt: jo passt schon, hör mal auf diesen Block Tofu zu essen.